Schlafen im Mittelalter

23. Mai 2022

Birgit Constant

Heutzutage gehört Durchschlafen in ausgestreckter Position zur Norm. Schlafen im Mittelalter war dagegen alles andere als geradlinig und einfach. Genaugenommen schlief man üblicherweise in einer Nacht gleich zweimal und nicht immer im Liegen. Warum, wodrin und wie, das lesen Sie in diesem Beitrag.

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Der zweite Schlaf

Egal ob Sie nur ein wenig Heu auf dem Boden, ein kleines, mit Stroh gefülltes Holzbett oder ein großes Bett mit Woll- oder Strohmatratze, Federbettdecke, Wolldecken und Vorhängen hatten,  ein Durchschlafen war im Mittelalter und auch in der Antike eher ungewöhnlich. Das betraf nicht nur Klosterinsassen wie Mönchen und Nonnen, die nachts zum Beten aufwachen mussten und ohnehin meist nur mehrere Stunden Schlaf am Stück zwischen den vorgeschriebenen Gebetsstunden schafften. Auch die Laienbevölkerung wachte mitten in der Nacht auf, um verschiedensten Beschäftigungen nachzukommen: aufs wie auch immer geartete Klo gehen, beten, Sex, Nachdenken und ähnliches, nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge.

Warum im Sitzen schlafen im Mittelalter?

Es gibt zahlreiche Bilder von Menschen im Mittelalter, die im Sitzen schlafen. Warum legte man sich nicht hin?

Das lag vielleicht einerseits daran, dass die Betreffenden beim Schlafen tagsüber abgebildet sind, in einer Zeit, wo sie darauf warten, dass sie ihre Aufgaben erledigen müssen. Beispielsweise mussten Soldaten oder andere Berufsgruppen (wie etwa die Gong Farmer, die Sie bereits kennengelernt haben, oder Nachtwächter) nachts Dienst schieben, so dass sie tagsüber Nickerchen hielten, um den fehlenden Nachtschlaf auszugleichen. Solch ein Nickerchen wurde meist im Sitzen abgehalten.

Andererseits konnte es praktische Gründe dafür geben, etwa wenn man bedenkt, dass sich selbst in königlichen Betten allerlei Tierchen einnisteten, die man nicht unnötig auf sich herumkrabbeln haben wollte. In ärmeren Häusern, wo die Menschen auf dem Boden schliefen und nur eine dünne Schicht Heu oder Moos sie vom Untergrund trennte, war es vielleicht einfach wärmer, sich nicht komplett auf dem kalten Boden auszustrecken, sondern sich mit seinem dünnen Umhang, der als Bettdecke fungierte, aufrecht an die Wand und/oder einen Mitschläfer zu setzen.

Eine weitere mögliche Erklärung liegt im Aberglauben, dass nämlich Hinlegen die Einnahme der Position eines Toten bedeutet und dass man deshalb im Sitzen schlafen oder zumindest in einer mit Kissen aufgerichteten Haltung Nachtruhe halten sollte.

In diesem Sinne: Machen Sie es sich bequem und schlafen Sie gut, egal wie und wie oft!

Weiterführende Links:

https://stores.renstore.com/history-and-traditions/sleep-in-the-middle-ages

https://www.thoughtco.com/medieval-clothing-and-fabrics-1788613

https://www.historyundressed.com/2008/04/curling-up-with-ratssleeping.html

Wäre mittelalterlich zu schlafen etwas für Sie?

Könnten Sie sich vorstellen, im Sitzen auf dem kalten Boden und nur mit einem Umhang bedeckt zu schlafen? Oder würden Sie lieber in einem königlichen Holzgestell mit mehreren Matratzen, einem Federbett, weiteren Decken und dick gepolsterten Kissen hinter schmucken Vorhängen die Nacht verbringen? Schreiben Sie es in die Kommentare.

Über die Autorin

Birgit Constant

Birgit Constant ist promovierte Mediävistin, hat elf Sprachen gelernt und arbeitet seit 2014 als freie Autorin, Texterin und Lektorin in Landshut. Sie schreibt historische Romane für Leser, die geschichtlich und sprachlich ins Mittelalter eintauchen wollen, und hat einen Ratgeber für Nachwuchsautoren veröffentlicht.

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